Teil 10: Die Empfängnis der Maria in neun Bildern von Natacha Martins
Natacha Martins erhebt in neun Bildern ein gewöhnliches Mädchen zur heiligen Mutter.
Ein Tag erwacht.
Maria lebt in einer schweren Zeit in Nazareth.
Im Jahr vor Christi Geburt.
Soldaten ziehen durch das Dorf.
Schon lange ist sie an den Anblick von Plünderungen und Gewalt gewöhnt.
Maria hat ein reines Herz.
Schnitt.
Mirjam lebt das Leben eines ganz gewöhnlichen Teenagers.
Zweitausendneunzehn Jahre nach Christi Geburt.
Ihre Eltern nerven manchmal.
Sie bekommt Taschengeld, darf gehen, wohin sie will, muss aber um zweiundzwanzig Uhr zuhause sein.
Es ist Wochenende. Heute Abend will sie in die Disco gehen.
Schnitt.
Es hämmert an Marias Haustür.
Soldaten dringen in Marias Haus ein.
Ein Tisch wird umgeworfen.
Schnitt.
Mirjam steht am Rand der Tanzfläche. Sie tippt mit den Füßen zum Takt der Musik.
Jemand spricht sie an.
Lass uns etwas trinken.
Schnitt.
Ein Krug zerbricht.
Ein Kleid wird zerrissen.
Ein Schlag.
Schweres Atmen.
Stille.
Die Soldaten verlassen das verwüstete Haus.
Schnitt.
Mirjam fühlt sich müde und schwach.
Sie kann sich kaum noch auf den Beinen halten.
Von ihrem Getränk hat sie nur einen kleinen Schluck genommen.
Jemand hilft ihr nach draußen.
In ein Auto.
In eine Wohnung.
In ein Bett.
Mirjam ist bewusstlos.
Schnitt.
Maria hat tagelang blaue Flecken.
Nach einiger Zeit wird ihr übel.
Eine Mehlmotte fliegt auf.
Maria weiß jetzt, dass unter ihrem Herzen ein Leben beginnt.
Schnitt.
Bei einem Arzt beginnt sich Mirjam zusammenzureimen, was ihr passiert ist.
Sie ist in einem Treppenhaus aufgewacht.
Schmerzen zwischen ihren Beinen.
Blut zwischen ihren Beinen.
Draußen setzt sich eine Taube auf das Fensterbrett.
Der Arzt berichtet Mirjam von einem Testergebnis…
Über die Künstlerin
- 1997 in Aveiro, Portugal geboren
- Bachelor of Fine Arts (Visual Arts, Malerei)
- Seit 2016 nimmt sie an multidisziplinären Kollektiven in Porto teil und stellt auf Gruppenausstellungen in Portugal aus
Jüngste Auszeichnungen:
- Nominierung als Vertreterin Portugals auf der Ausstellung „Jeune création européenne“ (Biennale d’art contemporain 2019–2021)
- Nominierung für den Artist Acquisition Award (2019) der Faculdade de Belas-Artes da Universidade do Porto (Portugal)
- Internationale Künstlerresidenz in der Pilotenküche Leipzig (2019)
Ausstellungen:
2020
- Ausstellung „Acto Isolado“, Private Curatorial Residence, Porto
- Gruppenausstellung „A Conspiração da Arte“, Zet Gallery, Braga
2019
- Ausstellung „Eventualmente“, Painting Graduation, oMuseu, Faculdade de Belas-Artes da Universidade do Porto, Porto
- Gruppenausstellung „Jeune création européenne 2019–2021“, Biennale d’art contemporain, Beffroi de Montrouge, Paris
- Gruppenausstellung und Artist Talk „Reset unsettling flesh layers“, Alte Handelsschule, Leipzig
- Gruppenausstellung „Overwhelmed incorporeal happiness“, Pilotenküche International Artistic Residence, Leipzig
- Contemporary Dance Group – ACE Porto
- Austauschprojekt PORTO – LEIPZIG „Art under Condition: Post / Colonialism“, koordiniert von Miguel Leal und Andreas Broeckmann, Porto
- Workshop „Building Together More“, koordiniert von Ana Rocha, Porto
- Künstlerresidenz „WORKOUT THINKLOUD“, Fundação da Juventude, Porto
- Künstlerresidenz „PSSSSS“, Open Studio Exhibition, DeLiceiras, Porto
2018
- Gruppenausstellung, Festival APARTE, Centro Comercial de Cedofeita, Porto
2017
- Gruppenausstellung „Estéreo.Utopias“, Colectivo D-FRENTE, Galeria Oitavo, Porto
- Gruppenausstellung „Déjà-Vu“, Colectivo D-FRENTE, Antigo Hospital Maria Pia, Porto
- Gruppenausstellung, CACE, Porto
2016
- Workshop „Ficcionar a realidade: cenários de improvisação com o desenho na Casa-Museu Abel Salazar“, Porto
- Gruppenausstellung „In.formalidades“, Colectivo D-FRENTE, Galeria Oitavo, Porto
Künstlertext Series
Meine Idee ist, literarische Texte zum Werk in Leipzig ansässiger Künstler zu verfassen. Ich möchte meine Eindrücke schildern, um die Leser auch auf weniger bekannte Künstler der Stadt aufmerksam und ihre Arbeiten einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.