Im Traum wohnt ein Pferd: zum Werk Tobia Königs

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Meine Idee ist, literarische Texte zum Werk in Leipzig ansässiger Künstler zu verfassen. Ich möchte meine Eindrücke schildern, um die Leser auch auf weniger bekannte Künstler (vorrangig aus Malerei und Grafik) der Stadt aufmerksam und ihre Arbeiten einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.


Im Traum: Teil 2

Tobia Königs Patron sei ein Pferd. Es wohnt in ihrer Malerei als lieber Freund in einer Erinnerung.

Wo es auftaucht, wächst den Menschen eine Maske ins Gesicht, die nur lachen kann, hinter der Vergangenes zu verhungern scheint. Ein Hund wird aufs Schmerzlichste umarmt, ein Vogelküken starrt geradezu zwielichtig aus den Händen eines Gesichtslosen, ein Huhn bietet einem androgynen Akt Halt inmitten einer fast warmen Melancholie.

Die Menschen klammern sich an die Tiere, als spürten sie hinter ihren Masken nach dem Verschwinden ihre Gesichter, als könnten die Tiere den Verborgenen ihre Gesichter zurückgeben.

Die feiernde Farbigkeit verstärkt noch die Fassaden, indem sie uns eine heile Welt ausfüllen will.

© Tobia König
© Tobia König

Die Groteske, auch ein Überspitzen ihrer eigenen Wirklichkeit, ist für Tobia König die eigentliche Realität in ihren Darstellungen – auch in ihrem grafischen Werk.

Hier stellt sich die Nacktheit eines unvollkommenen Mannes, der im Erfahren seiner Körperlichkeit mit klischeehaften Schönheitsidealen bricht, neben den Akt in einer Autofellatio, die sein Selbstverständnis von Masturbation im Kunststück zeigt. Jeder Körper ist ein Lebens- und Lustraum.

Tobia König bringt uns mit der rosigen Heiterkeit in der Erotik ihrer Grafiken wieder hinter die Masken voller Erinnerung, denen wir ihre Unbefangenheit und Leichtigkeit gern glauben würden. Sie spielt mit dem Kuriosum, das uns in unserem Alltag mehr beschäftigt als unsere tatsächliche Welt, auch mit der Masturbation als Selbstfürsorge hinter verschlossenen Türen.

Zuletzt taucht auch in der Grafik der Tobia König das Pferd als Patron auf, in den Armen eines Nackten den Sonnenuntergang erwartend.

Tobia König gibt uns mit ihrem Werk etwas Subtiles, das so stark ist, dass es bleibt.


Zur Künstlerin

  • Geboren 1986 in Zwenkau
  • 2018 Diplom in Malerei und Grafik (Klasse Christoph Ruckhäberle, zuvor Heribert C. Ottersbach, Studium 2011–2018)
  • 2011 BA in Politikwissenschaften, Sciences Po Paris (Studium 2007–2011)

Einzelausstellungen (Auswahl):

  • 2018 Party Boy / Grafik (Risografie) / Potemka contemporary art
  • 2017 Under the Sea / Malerei, Grafik, Installation / Seefelder Mühle Stadland
  • 2017 Das schöne Geschlecht / Malerei, Grafik / Riso Club Leipzig
  • 2016 YOU SHALL NOT PASS / Risografie, Malerei, Installation / Raum Weisz Leipzig
  • 2015 Explicit Content / Malerei / Zuständige Behörde Leipzig
  • 2014 Jolanta und ich / Texte und Grafiken / Raum Weisz Leipzig

Gruppenausstellungen (Auswahl):

  • 2018 Eröffnungsausstellung Galerie 196TM
  • 2017 10 € – mit Ter Hell, Peter Lindenberg u.a. / Risografie / L102Art Berlin
  • 2015 No Future No Past – mit Heribert C. Ottersbach u.a. / Malerei / Institut für Zukunft Leipzig
  • 2015 Jahresausstellung des Heise-Kunstpreises / Malerei / Dessau
  • 2013 Prints made in Leipzig / Radierung / Ungarische Akademie der Bildenden Künste Budapest

Veröffentlichungen:

  • 2017 Fettliebe Nr. 14 – Magazin für Lyrik / Illustration (Auflage: 250)
  • 2016 YOU SHALL NOT PASS / Katalog (Auflage: 100)
  • 2015 Too Drunk To Fuck / Grafik (Auflage: 20)
  • 2012 Farn / Lyrik und Grafik (Auflage: 20)

Nils Müller, geboren 1990 in Leipzig, lebt ebenda als freischaffender Autor. Er hat den Begriff der Kunst als Gewissen der Menschheit in sich aufgenommen und gibt diesen Auftrag an die Leser und Zuhörer weiter. Seine Texte wurden bisher in den Literaturzeitschriften FreiDenker, Syrinx Magazine, neolith- Magazin und dem Magazin des Unternehmens "bring together" sowie im Webzine "The Leipzig Glocal" veröffentlicht.

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